Lesznai, Anna

© Petöfi Literaturmuseum

Über die Autorin

Geboren wird sie 1885 als Amália Moscovitz, Tochter jüdischer Eltern in Budapest. Vom Urgroßvater, einem wandernden Händler, bis zum Vater, der Jurist ist und bereits dem Landadel angehört, hat sich die Familie emporgearbeitet. Damit scheint die Assimilation geglückt. Doch Anna leidet ihr Leben lang unter Zerrissenheit, Zwängen und Vorurteilen: Sie gehört mit ihrer Familie zur herrschenden Klasse, doch als Mensch fühlt sie sich zu den Unterdrückten hingezogen. Amália verbringt einen großen Teil ihrer Kindheit und Jugend auf der Sommerresidenz der Familie, in Körtvélyes, (heute Tschechien). Der Garten dort bietet ihr in der Kindheit Glück und in der Erinnerung lebenslangen Schutz. Später nimmt sie den Namen eines benachbarten Ortes an: Lesznai. Mit siebzehn Jahren heiratet sie überstürzt, bekommt ein Kind, lässt sich bald wieder scheiden. Zu dieser Zeit studiert Anna bereits Kunst in Budapest, später erweitert sie ihre Studien in Paris. 1908 erscheinen ihre ersten Gedichte in der Literaturzeitschrift „Nyugat“. In dieser Zeit beginnt eine tiefe Freundschaft zum Dichter und Märchenerzähler Béla Balázs. Viele berühmte Persönlichkeiten zählt sie zu ihren Freunden: Margit Kaffka, Endre Ady, Zoltán Kodály, Béla Bartók. Anna Lesznai ist vielseitig begabt, als Malerin und Stickerin, als Dichterin und Schriftstellerin. Als eine der wenigen Frauen ihrer Zeit findet sie Anerkennung und Platz in intellektuellen literarischen Kreisen. 1913 erscheint in Wien ihr erstes Märchenbuch „Die Reise des kleinen Schmetterlings durch Leszna und im benachbarten Feenland“. Im gleichen Jahr heiratet sie Oszkár Jászi (1875-1957), den führenden Kopf der ungarischen bürgerlich-radikalen Bewegung. 1915 wird sie Mitglied im „Sonntagskreis“ und diskutiert dort regelmäßig mit Lukács, Mannheim, Balázs und anderen über Philosophie und Ethik. Weiterhin beschäftigt sie sich mit Märchenforschung und Märchentheorie. 1918 schreibt sie dazu einen Essay, veröffentlicht den Gedichtband „Édenkert“ (Garten Eden), ihr zweites Märchenbuch „Mese a bútorokról és a kisfiúról“ (Märchen von den Möbeln und dem kleinen Jungen). Selbst den Einband ihrer Gedichtsammlung entwirft sie, die zahlreichen Illustrationen stammen auch von ihr. Während der Räterepublik, 1919, arbeitet sie auf Bitten von Georg Lukács im Volkskommissariat für Unterrichtswesen, in einer eigene Abteilung. Durch die neuen Märchen soll das Wunder des Lebens in die Gegenwart, – auch in die Straßen der Städte – scheinen. Nach der Niederschlagung emigriert sie mit vielen Freunden nach Wien. Ihre zweite Ehe wird 1920 geschieden, doch beide bleiben enge Freunde bis zum Lebensende. Nun lebt sie mit dem Grafiker Tibor Gergely (1900-1977) zusammen, den sie vom Sonntagskreis her kennt, nimmt an mehreren Gruppenausstellungen teil und pendelt zwischen Wien und Körtvélyes, das nun, nach dem 1. Weltkrieg zur Tschechoslowakei gehört. 1931 kehrt sie nach Budapest zurück und unterrichtet an der Schule für angewandte Kunst. Als die Gefahr für Juden immer größer wird, emigrieren Anna Lesznai und Tibor Gergely in die USA. Dort setzt sie ihre kunstpädagogische Tätigkeit fort, hält Vorträge und Kurse über ungarische Kunst. 1946 eröffnet die Künstlerin in New York eine eigene Malschule, arbeitet an ihrem Familienroman (dreißig Jahre lang) „Spätherbst im Garten Eden“, schreibt Gedichte, und entwickelt einen eigenen Stickstil. In ihrem Roman beschreibt sie sich und ihre Familie. Sie ist das Mädchen Liso in der jüdischen Familie Berkovics. Dieser Roman wird 1965 in Deutschland, 1966 unter dem Titel „Kezdetben volt a Kert“ in Ungarn veröffentlicht. Im gleichen Jahr, 1966, stirbt Anna Lesznai in New York.

In der ‚Ehinger Bibliothek‘ befindliche Publikationen:

  • Spätherbst in Eden. Übersetzung von Ernst Lorsy. Verlag Stahlberg, 1955
  • Die Reise des kleinen Schmetterlings. Verlag Dausien (nach Erstaufl. 1912), 1980. ISBN 3-7684-3944-5
  • Wahre Märchen aus dem Garten Eden. Hg. György Fehéri. Verlag Das Arsenal, 2008. ISBN 978-3-9311-0949-3
Print Friendly, PDF & Email
Dieser Beitrag wurde unter 2. Autorenporträts, Lesznai, Anna veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.