Rezension: Viragh, Christina – „Unstete Leute“

Die Erinnerung ist das wichtigste Kennzeichen aller Texte von Christina Viragh. In ihrer Prosa spürt die Autorin die Wahrnehmung in der Vergangenheit mit Hilfe von Bildern, Gerüchen oder Klängen auf; dabei taucht der Leser in ein Labyrinth einzelner Szenen und verstreuten Bildern ein, ohne einer kontinuierlich erzählten Geschichte zu folgen.
Viraghs erster Romans „Unstete Leute“ beginnt mit Erinnerungen an eine Kindheit: Ein Kind durchstreift eine Villa mit Garten: Der Rhythmus von Schritten; Menschen, die plötzlich abreisen; Dokumente, die verlorengehen oder Papiergeräusche beim Vorlesen eines Briefes – all dies sind eingestreute Gedankensplitter, die gelegentlich von Reflexionen der Vergangenheit unterbrochen werden, um die verlorengegangenen Bindeglieder der Erinnerungen aufzuspüren.
Im Anschluß an die Kindheitszenen folgen Erinnerungen an alptraumhafte Szenen in einem Keller. Der letzte Teil des Romans schließlich erzählt von einem Mann, der in einem fremden Land ankommt. Er beobachtet die Menschen und die Orte; das Leben dort bleibt ihm fremd und er fühlt sich unbehaust und einsam. Ähnlich wie zu Beginn des Romans erzählerisch die Erinnerungen an die Kindheit zu einer ‚Welt‘ zusammengesetzt werden, so ist auch der Fremde zum Ende des Romans erinnernd auf der Suche nach Bildern seiner vergangenen Jahre.

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